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    Lastvelos sind aus der Innenstadt verbannt

    Die verkehrsberuhigte Innenstadt soll Basel zu einer fussgänger- und velofreundlichen Stadt machen. Auch Lastvelos und Rikschas würden gut ins neue Konzept passen – könnte man meinen. Allerdings haben die dreirädrigen Fahrzeuge mit Elektromotor einen schweren Stand: Trotz langsamer Fahrt gelten sie als «rikschaartige Motorräder» und sind somit offiziell aus der Innenstadt verbannt.

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    Tilmann Schor hat seit 2010 ein Velotaxi-Unternehmen in Basel. Hätte er für seine Fahrzeuge keine Taxi-Rechte gekauft, wären sie in der Innenstadt nicht mehr zugelassen. Denn obwohl ihr Hybridantrieb lediglich eine Höchstgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern erlaubt, gelten seit dem 1. Juni 2015 alle dreirädrigen Fahrzeuge mit Pedalen und Elektromotor als «rikschaartige Motorräder». Nach neuem Verkehrskonzept, wie es etwa die Städte Zürich, Bern oder Basel eingeführt haben, sind diese Fahrzeuge in den Innenstädten somit nicht mehr zugelassen.

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    Diese Kategorisierung macht laut Schor «absolut keinen Sinn». Er verweist auf eine Analyse aus dem Jahr 2008, die der Bund in Auftrag gegeben hat. Darin wird festgehalten, dass die Velotaxis nur erfolgreich sein können, wenn sie als Fahrräder oder als Leicht-Motorfahrräder unterwegs sind und so auch in für Fahrräder geöffneten Fussgängerzonen und Einbahnstrassen verkehren dürfen.

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    Politischer Rückhalt

    Schors Kritik wird auch politisch unterstützt: In seinem Team arbeitet unter anderem SP-Grossrätin Dominique König-Lüdin als Pedaleurin. Als Politikerin macht sie sich für die Radrouten-Erweiterung und die verkehrsfreie Innenstadt stark. Auch sie hat kein Verständnis für die Kategorisierung der Rikschas als Motorräder. Natürlich könne man die vom Bundesamt für Strassen (Astra) vorgegebenen Fahrzeugklassen nicht einfach regional umgehen. Trotzdem ist König überzeugt, dass mit etwas gutem Willen ein Entgegenkommen möglich wäre. «Die Rikschas als attraktive Option für Touristen und Basler gehören absolut in die Innenstadt», ist sie überzeugt.

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    Schon mehrere Male habe sie mit Schor die verantwortlichen Stellen im Justiz- und Sicherheitsdepartement aufgesucht. Dort habe man aber jeweils auf die Gesetze verwiesen und auf einer «sturen Auslegung» beharrt. Überhaupt sei es absurd, dass die Rikschas keine spezifische Regelung hätten, sondern irgendwie zwischen Taxis und Motorrädern eingeordnet würden: «Wir müssen uns wie Taxis verhalten. Zum Beispiel dürfen wir nicht irgendwo stehen, um Passagiere aufzunehmen, sondern müssen auf den Taxistandplätzen warten.»

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    Auch der Geograf Stefan Brenneisen, selbst Besitzer von zwölf Rikschas, findet es sinnlos, diese aus der verkehrsfreien Innenstadt zu verbannen. Schliesslich handle es sich um «Langsamverkehrsmittel, die bestens in das neue Konzept passen». Brenneisen ist aber zuversichtlich, dass die Regierung einen Weg finden wird, um Rikschas und Lasträder in der Innenstadt zu tolerieren: «Gerade in Basel sollten rikschaartige Fahrzeuge ja eigentlich auf Wohlwollen stossen – ich bin mir sicher, dass diese Chance für nachhaltige Mobilität nicht langfristig verpasst wird.»

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    Stolpersteine und Sonderregeln

    Doch die gegenwärtigen Fahrzeugkategorien sind nicht der einzige Schweizer Stolperstein für Besitzer von rikschaartigen Fahrzeugen oder Cargovelos: Viele der Dreiräder scheitern grundsätzlich bei der Strassenzulassung, weil die Motorfahrzeugkontrolle auf der Vorschrift von einem Meter Maximalbreite beharrt.

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    Eine kleinliche Regelung, findet selbst Schor, auch wenn er als Taxiunternehmen Sonderrechte geniesst. Die «rigiden Vorschriften» würden das ökologische Engagement von Rikschafahrern blockieren statt fördern. Die von Veloanhängern abgeleitete Maximalbreite sei «völlig beliebig». Für Rikschas, die im Unterschied zu Veloanhängern längst noch nicht so etabliert seien, wäre laut Schor eine gesetzlich tolerierte Schwankung von 20 Prozent angemessen. Zumal ein Meter Breite für Lastenräder knapp bemessen sei: In Velotaxis würden Passagiere unnötig zusammengepfercht. Und wenn sich der Ladekörper nur über und nicht zwischen den Hinterrädern platzieren lasse, führe dies zu einem Gleichgewichtsproblem.

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    Diese Probleme bestätigt auch Geograf Brenneisen. Für die Strassenzulassung musste er die Fahrzeuge seiner historischen Rikschasammlung extra auf die gesetzeskonforme Maximalbreite umbauen. «Ich verstehe zwar, dass es auf der Strasse gewisse Vorschriften braucht, um ein Chaos zu vermeiden», sagt er. «Aber bei historischen Fahrzeugen sollte es doch die Möglichkeit einer Sonderregelung geben, wie es etwa bei Kutschen der Fall ist.»

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    Noch eine Ausnahme ausser derjenigen für Schors Velotaxis gibt es offenbar in der Innenstadt: Der neue Citycruiser der Basler Kurierzentrale werde in der Innenstadt toleriert, während anderen ähnlichen Fahrzeugen der Zutritt verwehrt bleibt. Schor ist überzeugt, dass da eine Sonderbewilligung vorliegen muss. Die mag er den Kollegen zwar ausdrücklich gönnen – wie auch den Erfolg. Ungerecht sei die Sonderregelung trotzdem: «Die Kurierzentrale wird mit ihrem Citycruiser nun als Held der Stunde gehandelt – dabei sind viele mit ihren Fahrzeugen in den Startlöchern und werden wegen kleinlichen Vorschriften nicht auf die Strasse gelassen.»

    www. tageswoche.ch von Mara Wirthlin